"Mach den Fernseher bitte aus und setz dich zu mir. Ich möchte mit dir reden.".
Panik kroch in mir hoch. Immer, wenn meine Mutter diesen Satz sagte, hatte ich irgendetwas angestellt oder sie wollte mir unangenehme Dinge beibringen. Ich setzte mich auf die Couch und wartete darauf, dass sie weitersprach. Sie holte tief Luft und sagte dann:
''Mir ist aufgefallen, dass du in den letzten Wochen zickig geworden bist. Zickig und launisch und dass du nur noch in deinem Zimmer bist. Du gehst nicht mehr raus. Triffst dich nicht mehr mit Freunden. Und ich glaube, dass es mit ihm zu tun hat. Du hast seinen Tod immer noch nicht verkraftet. Das war bei mir damals auch so, als dein Vater starb."
Ich sagte garnichts. Ich stand nur auf und saß mich an den Esstisch. Ich wollte ihr nicht in die Augen schauen müssen, wollte ihr während diesem Gespräch nicht so nahe sein. Das war mir unangenehm, ich weiß nicht warum. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, also sagte ich einfach garnichts. Ich schwieg und wartete. Auch sie sagte lange nichts, dann fing sie an wieder weiter zu reden:
"Es ist, wie wenn sich ein Loch auftut, aus dem man nicht mehr rauskommt. An manchen Tagen denkt man, dass man sich wieder gefangen hat und dann kommen wieder die Tage, die dir das Gegenteil beweisen. Es ist, wie wenn dir jemand den Boden unter den Füßen wegreißt. Und ich möchte einfach nicht, dass es bei dir solange dauert, wie bei mir damals. Immerhin hast du deinen Opa ja auch noch verloren. Vielleicht wäre es besser, wenn du zu einer Psychologin gehst. Ich möchte dich nicht zwingen. Aber ich merke, dass du mit mir darüber nicht reden willst und du anscheinend auch niemand anderen hast, mit dem du damit reden kannst oder möchtest. Dir wird es gut tun, darüber zu reden. Ich weiß, wie sehr er dir fehlt. Überlege es dir bitte. Ich habe hier eine Liste mit 10 Psychologen, die hier in der Nähe sind. Les sie dir einfach mal durch. Und sag mir dann Bescheid. Ich halte es für eine gute Idee. Ich möchte nicht, dass es dir schlecht geht und ich rein gar nichts davon mitbekomme."
Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Alles verschwamm vor meinen Augen. Mir war Übel und ich hatte das Gefühl, dass ich mich jeden Moment übergeben muss. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ob ich etwas antworten sollte oder nicht. Ich wusste gar nichts. Dass einzige, was ich in dem Moment wusste war, dass genau das passiert ist, was ich immer befürchtet hatte. Jemanden ist aufgefallen, dass mit mir etwas nicht stimmt. Und ich dachte ich hätte Kontrolle darüber.
Über meine Lügen,
über die Klinge,
über alles, einfach alles.
Aber meine geliebte Kontrolle ist nun weg.
SIE IST WEG!
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