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Dienstag, 8. Oktober 2013

102 Tage ohne dich

Weißt du noch damals?
In Italien habe ich dich immer mitten in der Nacht geweckt, wenn ich aufs Klo musste, weil ich mich nicht alleine getraut habe. Und du bist jedes mal mitgegangen. Obwohl die Toiletten nur zehn Meter von unserem Wohnwagen entfernt waren. Weißt du, seit du nicht mehr in Italien bist mit uns, ist alles anders. Niemand ist nun mehr da, der mit mir am Strand rumalbert. Niemand ist mehr da, der meiner Mama einen Eimer Wasser über den Kopf leert während sie schläft und dann ganz schnell mit mir wegrennt. Niemand ist mehr da, der mit mir eine Essensschlacht mit dem kompletten Campingplatz anfängt.
Oder auch zu Hause. Weißt du noch? Immer wenn ich nicht schlafen konnte oder mitten in der Nacht aufgewacht bin, weil ich Alpträume hatte, bin ich hoch zu euch ins Bett gekommen. Ich habe mich nie neben Mama gelegt, sondern immer neben dich. Und du hast immer sofort deine Decke angehoben, damit ich mich neben dich kuscheln kann. Und dann hast du immer die leuchtenden Sternaufkleber an das Regal über unseren Köpfen geklebt, damit ich keine Angst mehr hatte. Aber weißt du, dass hatte ich sowieso nicht. Nicht in deiner Nähe. In deiner Nähe bin ich in der Dunkelheit rumgelaufen und hatte keine Angst. In deiner Nähe war mein Leben vollkommen. Du warst immer der Teil der Familie, der für mich gefehlt hat. Du hast die Familie für mich vollständig und perfekt gemacht.
Du fehlst mir so sehr. Ich weine schon wieder. Aber das erzähle ich niemanden. Weil niemand darüber reden will. Weil jeder möchte, dass das Leben weiter geht und das die Trauer vergeht. Deswegen bleibe ich damit mit mir alleine. Ich vermisse dich so sehr. Egal, ob in Italien oder hier.
Weißt du, als du damals ausgezogen bist, ging alles ganz schnell bergab. Jeder drehte zu Hause durch, alle stritten nur noch, schlugen und verfluchten sich gegenseitig. In der Zeit habe ich mich zum ersten Mal geschnitten. Nein, nicht wegen dir. Aber das war irgendwann zu der Zeit. Jeden Tag, ein Schnitt mehr. Da hat es angefangen, dass ich mich selbstverletze. Ich wünschte, ich hätte niemals damit angefangen. Ich hatte da eine ziemlich schwere Zeit und alles ging schief. Aber davon wusstest du nichts und auch die anderen zu Hause wussten nur einen Bruchteil davon. Wirklich, seit du weg warst, gab es nur noch Streit zu Hause. Jeden Tag aufs neue. Das hat sich irgendwann aber wieder gelegt. Und alles war wie immer. Und mir ging es irgendwann besser. Das war Ende Herbst 2012. Da war eigentlich alles relativ okay. Und weißt du was dann passiert ist? Opa ist gestorben. Am 24.11.12. Genau ein Monat vor Weihnachten. Zwei Tage vorher waren wir noch bei ihm und haben uns bei ihm verabschiedet. Und deswegen war das vielleicht irgendwann zu akzeptieren. In der Zeit habe ich auch wieder viele Klassenarbeiten verhauen. Und es ging wieder bergab. Und gerade dann, als ich mich wieder aufrappelte und mich verbessern wollte, bist du gegangen. Das war am 28.06.13.
Du fehlst mir so sehr. Es tut weh, ohne dich atmen zu müssen. Ich kann das alles nicht ertragen. Ich bin mit meiner Trauer ganz alleine. Und sie wird nie vergehen. Niemals. Vorher werde ich gehen.

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